Das kleine Motorrad Emelie
Verfasst: Mo 25. Jul 2011, 19:25
Für Mara Lea
Meine Tochter wollte eine Gutenachtgeschichte hören, in der ein Motorrad vorkommt.
Das bekam ich hin.
Diese erdachte Geschichte gefiel ihr so gut, dass sie diese immer wieder hören wollte.
Doch jedes Mal, wenn ich ein Detail nicht haargenau so erzählte wie beim vorigen Mal, wurde ich von meiner Tochter verbessert. Sie kannte die Geschichte schon beinahe auswendig, so gut gefiel sie ihr.
Ich beschloss, die Geschichte aufzuschreiben um zukünftig kein Detail zu vergessen.
Vielleicht kennt ihr ja auch einen kleinen Menschen, dem die Geschichte vom kleinen Motorrad Emelie helfen kann, mit einem Lächeln auf den Lippen ins Land der Träume zu reisen.
Das kleine Motorrad Emelie (1)
Viele Geschichten fangen mit "es war einmal, vor langer Zeit..." an. Diese Geschichte nicht. Denn diese Geschichte ist noch gar nicht lange her.
In einem Ort, der gar nicht weit weg ist von dem Ort an dem Du wohnst, lebte die kleine Emelie.
Sie wohnte in einem Schuppen, mit einem spitzen Dach und einem grossen Tor vorne. An der Seite befand sich ein schmutziges, staubiges Fenster, durch das Emelie grad eben noch auf den Hof hinausschauen konnte. Da konnte sie den Kindern immer beim Spielen zusehen. Das tat sie oft, denn Emelie langweilte sich häufig, so allein wie sie war. Dann schaute sie aus dem Fenster, wie die Kinder Seil sprangen, Fussball oder Fangen spielten und sich lachend und kreischend auf dem Hof vergnügten.
Eines Tages jedoch, da passierte etwas Ungewöhnliches. Emelie döste grade vor sich hin und langweilte sich ganz fürchterlich, als sie ein Geräusch am Tor hörte. Gespannt schaute sie in die Richtung. Da war es wieder. Ein Kratzen und Schieben. Machte sich da jemand am Tor zu schaffen? Emelie war jetzt hellwach! Sie sah, wie sich einer der beiden grossen Torflügel ganz langsam bewegte. Helles Sonnenlicht drang durch den Spalt zwischen den Hälften herein und es sah beinahe so aus, als leuchtete der Strahl einer Taschenlampe in das Dunkel des Schuppens. Staubkörner tanzten im Licht. Je weiter das Tor sich wie von Geisterhand öffnete, desto heller wurde es in der Hütte. Ein Junge schob sich durch den Spalt. Er war wohl ungefähr in deinem Alter. Emelie war jetzt ganz aufgeregt. Sie beobachtete ihn, wie er sich suchend im Schuppen umsah. Sie fasste sich ein Herz und rief ihm ein zaghaftes "Hallo" zu. Der Junge erschrak. Neugierig ging er auf Emelie zu und fragte "Wer bist du denn?"
Ich heisse Emelie, antwortete sie und fügte noch hinzu "Und Du?"
"Ich bin der Max. Ich suche eine Harke oder so etwas. Damit will ich meinen Fussball aus dem Baum holen. Der hat sich da verfangen."
Max sah Emelie staunend an. "Du bist ein Motorrad, stimmts?"
"Ja, das stimmt".
"Cool", entwich es Max und er bekam ganz grosse Augen. "Ich habe dich noch nie hier fahren sehen."
"Ich fahre auch nicht oft. Die meiste Zeit stehe ich hier im Schuppen und schaue aus dem Fenster", antwortete sie traurig.
"Das ist schade. Du kannst aber doch fahren, oder? Ich meine, du bist nicht kaputt, oder so?"
"Früher konnte ich es, aber ich bin lange nicht mehr gefahren", seufzte Emelie.
Ein Rufen unterbrach das Gespräch: "Mahaax, Mahaax, Essen ist fertig".
"Das ist meine Mutter. Ich muss gehen", entschuldigte er sich. Er rannte zum Tor, drehte sich noch kurz um und sagte:"Du bist nett, Emelie". Dann verschwand er aus dem Schuppen.
"Du auch, Max" sagte sie leise in die Leere des Schuppens hinein und ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Es war Emelies erstes Lächeln nach sehr, sehr langer Zeit.
--- --- ---
In den folgenden Tagen schaute Emelie noch öfter aus dem Fenster. Sie hoffte, Max auf dem Hof zu entdecken. Aber obwohl auch mal Kinder dort spielten, Max war nicht dabei. Es vergingen einige Tage in denen sich Emelie wieder langweilte. Doch eines Morgens öffnete sich das Tor wieder und Max kam zu Emelie in den Schuppen. In der Hand trug er einen roten Eimer. "Hallo Emelie", rief er fröhlich, "Schau mal, was ich mitgebracht habe."
Emelie freute sich sehr, Max wieder zu sehen. Sie war neugierig, was Max mit dem Eimer vorhatte.
"Ich habe gedacht, da Du doch so gerne aus dem Fenster schaust, putze ich die Scheiben mal, damit du besser gucken kannst" verkündete Max.
"Das ist eine gute Idee" sagte Emelie und beobachtete ihn, wie er mit einem Schwamm und dem Wasser aus dem Eimer den Staub und den Dreck von der Scheibe wusch. Schon nach einigen Minuten konnte man viel besser nach draussen gucken. Max setzte sich neben Emelie. "War das nicht eine gute Idee, Emelie? Hier ist es gleich viel heller und freundlicher."
"Das war es Max" antwortete Emelie strahlend.
Max strich mit dem Finger über Emelies Tank. "Du bist aber auch schon lange nicht mehr geputzt worden, oder?"
Emelie lief rot an. "Ja, das ist schon ein Weilchen her."
"Weisst Du was, ich komme morgen wieder zu dir, und dann putz ich dich bis ich mich in dir spiegeln kann." Beide waren von der Idee begeistert und verabredeten sich für den folgenden Tag.
Als Max diesmal den Schuppen verliess, schaute Emelie ihm durch das saubere Fenster hinterher. Sie hatte einen neuen Freund gefunden und freute sich bereits, ihn Morgen wieder zu sehen.
ENDE
Meine Tochter wollte eine Gutenachtgeschichte hören, in der ein Motorrad vorkommt.
Das bekam ich hin.
Diese erdachte Geschichte gefiel ihr so gut, dass sie diese immer wieder hören wollte.
Doch jedes Mal, wenn ich ein Detail nicht haargenau so erzählte wie beim vorigen Mal, wurde ich von meiner Tochter verbessert. Sie kannte die Geschichte schon beinahe auswendig, so gut gefiel sie ihr.
Ich beschloss, die Geschichte aufzuschreiben um zukünftig kein Detail zu vergessen.
Vielleicht kennt ihr ja auch einen kleinen Menschen, dem die Geschichte vom kleinen Motorrad Emelie helfen kann, mit einem Lächeln auf den Lippen ins Land der Träume zu reisen.
Das kleine Motorrad Emelie (1)
Viele Geschichten fangen mit "es war einmal, vor langer Zeit..." an. Diese Geschichte nicht. Denn diese Geschichte ist noch gar nicht lange her.
In einem Ort, der gar nicht weit weg ist von dem Ort an dem Du wohnst, lebte die kleine Emelie.
Sie wohnte in einem Schuppen, mit einem spitzen Dach und einem grossen Tor vorne. An der Seite befand sich ein schmutziges, staubiges Fenster, durch das Emelie grad eben noch auf den Hof hinausschauen konnte. Da konnte sie den Kindern immer beim Spielen zusehen. Das tat sie oft, denn Emelie langweilte sich häufig, so allein wie sie war. Dann schaute sie aus dem Fenster, wie die Kinder Seil sprangen, Fussball oder Fangen spielten und sich lachend und kreischend auf dem Hof vergnügten.
Eines Tages jedoch, da passierte etwas Ungewöhnliches. Emelie döste grade vor sich hin und langweilte sich ganz fürchterlich, als sie ein Geräusch am Tor hörte. Gespannt schaute sie in die Richtung. Da war es wieder. Ein Kratzen und Schieben. Machte sich da jemand am Tor zu schaffen? Emelie war jetzt hellwach! Sie sah, wie sich einer der beiden grossen Torflügel ganz langsam bewegte. Helles Sonnenlicht drang durch den Spalt zwischen den Hälften herein und es sah beinahe so aus, als leuchtete der Strahl einer Taschenlampe in das Dunkel des Schuppens. Staubkörner tanzten im Licht. Je weiter das Tor sich wie von Geisterhand öffnete, desto heller wurde es in der Hütte. Ein Junge schob sich durch den Spalt. Er war wohl ungefähr in deinem Alter. Emelie war jetzt ganz aufgeregt. Sie beobachtete ihn, wie er sich suchend im Schuppen umsah. Sie fasste sich ein Herz und rief ihm ein zaghaftes "Hallo" zu. Der Junge erschrak. Neugierig ging er auf Emelie zu und fragte "Wer bist du denn?"
Ich heisse Emelie, antwortete sie und fügte noch hinzu "Und Du?"
"Ich bin der Max. Ich suche eine Harke oder so etwas. Damit will ich meinen Fussball aus dem Baum holen. Der hat sich da verfangen."
Max sah Emelie staunend an. "Du bist ein Motorrad, stimmts?"
"Ja, das stimmt".
"Cool", entwich es Max und er bekam ganz grosse Augen. "Ich habe dich noch nie hier fahren sehen."
"Ich fahre auch nicht oft. Die meiste Zeit stehe ich hier im Schuppen und schaue aus dem Fenster", antwortete sie traurig.
"Das ist schade. Du kannst aber doch fahren, oder? Ich meine, du bist nicht kaputt, oder so?"
"Früher konnte ich es, aber ich bin lange nicht mehr gefahren", seufzte Emelie.
Ein Rufen unterbrach das Gespräch: "Mahaax, Mahaax, Essen ist fertig".
"Das ist meine Mutter. Ich muss gehen", entschuldigte er sich. Er rannte zum Tor, drehte sich noch kurz um und sagte:"Du bist nett, Emelie". Dann verschwand er aus dem Schuppen.
"Du auch, Max" sagte sie leise in die Leere des Schuppens hinein und ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Es war Emelies erstes Lächeln nach sehr, sehr langer Zeit.
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In den folgenden Tagen schaute Emelie noch öfter aus dem Fenster. Sie hoffte, Max auf dem Hof zu entdecken. Aber obwohl auch mal Kinder dort spielten, Max war nicht dabei. Es vergingen einige Tage in denen sich Emelie wieder langweilte. Doch eines Morgens öffnete sich das Tor wieder und Max kam zu Emelie in den Schuppen. In der Hand trug er einen roten Eimer. "Hallo Emelie", rief er fröhlich, "Schau mal, was ich mitgebracht habe."
Emelie freute sich sehr, Max wieder zu sehen. Sie war neugierig, was Max mit dem Eimer vorhatte.
"Ich habe gedacht, da Du doch so gerne aus dem Fenster schaust, putze ich die Scheiben mal, damit du besser gucken kannst" verkündete Max.
"Das ist eine gute Idee" sagte Emelie und beobachtete ihn, wie er mit einem Schwamm und dem Wasser aus dem Eimer den Staub und den Dreck von der Scheibe wusch. Schon nach einigen Minuten konnte man viel besser nach draussen gucken. Max setzte sich neben Emelie. "War das nicht eine gute Idee, Emelie? Hier ist es gleich viel heller und freundlicher."
"Das war es Max" antwortete Emelie strahlend.
Max strich mit dem Finger über Emelies Tank. "Du bist aber auch schon lange nicht mehr geputzt worden, oder?"
Emelie lief rot an. "Ja, das ist schon ein Weilchen her."
"Weisst Du was, ich komme morgen wieder zu dir, und dann putz ich dich bis ich mich in dir spiegeln kann." Beide waren von der Idee begeistert und verabredeten sich für den folgenden Tag.
Als Max diesmal den Schuppen verliess, schaute Emelie ihm durch das saubere Fenster hinterher. Sie hatte einen neuen Freund gefunden und freute sich bereits, ihn Morgen wieder zu sehen.
ENDE